Timer Units
Dieser Artikel wurde für die folgenden Ubuntu-Versionen getestet:
Ubuntu 20.04 Focal Fossa
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systemd bietet die Möglichkeit, Timer Units zu erstellen. In einer Timer Unit kann hinterlegt werden, dass eine Service Unit zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeführt wird.
Timer Units können also Aufgaben übernehmen, welche traditionell von Cron ausgeführt werden. Aber Timer Units können nicht nur Befehle zu einem festen Zeitpunkt ausführen (z.B. "um Mitternacht"), sondern auch relativ zum Systemstart (z.B. "5 Minuten später").
Installation¶
Da systemd ab Ubuntu 15.04 integraler Bestandteil des Systems ist (und dieses ohne systemd nicht lauffähig ist), sind alle benötigten Komponenten bereits installiert.
Benutzung¶
Timer Units werden als einfache Textdateien angelegt[2], mit einer Syntax und einem Aufbau ähnlich INI-Dateien. Der Dateiname kann frei gewählt werden, muss aber auf .timer enden. Selbsterstellte Timer werden im Verzeichnis /etc/systemd/system abgespeichert, wozu Root-Rechte[3] erforderlich sind.
Eine Timer Unit hat z.B. folgenden Aufbau:
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 | [Unit] Description=Eine kurze Beschreibung des Timers [Timer] OnBootSec=2min OnUnitActiveSec=5min Unit=name_der_zu_startenden_unit.service [Install] WantedBy=multi-user.target |
Es gibt drei Sektionen:
"[Unit]"
"[Timer]" und
"[Install]"
Die Bedeutung der Sektionen "[Unit]" und "[Install]" ist identisch mit der von Service Units. Die Sektion "[Timer]" enthält dabei die Informationen, wann die im Schlüssel Unit
hinterlegte Unit ausgeführt werden soll.
Im obigen Beispiel würde die Unit namens name_der_zu_startenden_unit.service wie folgt ausgeführt:
OnBootSec=2min
- erste Ausführung 2 Minuten nach Beginn des BootvorgangsOnUnitActiveSec=5min
- weitere Ausführungen jeweils 5 Minuten, nachdem die Service Unit zu letzten Mal gestartet wurde
Timer Units kennen fünf verschiedene Schlüssel für relative Ausführungszeitpunkte:
Schlüssel | Erklärung |
OnActiveSec | relative Zeit bezogen auf den Zeitpunkt, als die Timer Unit zuletzt aktiviert wurde |
OnBootSec | relative Zeit bezogen auf den Zeitpunkt, als der Rechner gestartet wurde |
OnStartupSec | relative Zeit bezogen auf den Zeitpunkt, als systemd gestartet wurde |
OnUnitActiveSec | relative Zeit bezogen auf den Zeitpunkt, als die Service Unit zuletzt aktiviert wurde |
OnUnitInactiveSec | relative Zeit bezogen auf den Zeitpunkt, als die Service Unit zuletzt deaktiviert wurde |
Außerdem kennen Timer Units noch absolute Zeitangaben. Diese werden im Schlüssel OnCalendar
angeben. So würde z.B. die folgende Timer Unit:
1 2 3 4 5 6 7 8 9 | [Unit] Description=Eine kurze Beschreibung des Timers [Timer] OnCalendar=Mon-Fri *-*-* 12:00:00 Unit=name_der_zu_startenden_unit.service [Install] WantedBy=multi-user.target |
die Service Unit name_der_zu_startenden_unit.service an jedem Tag von Montag bis Freitag um 12 Uhr ausführen.
Zeitangaben¶
Die Timer von systemd kennen eine Vielzahl von Zeiteinheiten. Die kleinste Zeiteinheit sind Mikrosekunden, die größte Jahre. Eine komplette Übersicht inklusive der Einheiten ist in der Dokumentation 🇬🇧 von systemd zu finden.
Für die Werte des OnCalendar
Schlüssel kennt systemd eine flexible Syntax zur Zeitangabe. So steht z.B. der Wert Thu,Fri 2016-*-1,5 11:12:13
für:
am 1. und 5. jedes Monats im Jahr 2016 um 11 Uhr, 12 Minuten und 13 Sekunden ausführen
aber nur, wenn diese Tage ein Donnerstag oder Freitag sind
Eine vollständige Übersicht inklusive vieler Beispiele findet man in der Dokumentation 🇬🇧 von systemd.
verpasste Timer nachholen¶
Möchte man eine Timer Unit auch noch nachträglich ausführen lassen, also z.B. falls der Rechner zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Timers ausgeschaltet war, muss man im Abschnitt [Timer]
zusätzlich die Direktive
Persistent=true
setzen. Die Voreinstellung von systemd ist hier false
, d.h. verpasste Timer werden nicht nachgeholt. Die Direktive funktioniert nur in Kombination mit der OnCalendar
Direktive, nicht mit anderen Direktiven für Zeitpunkte.
Timer Units aktivieren¶
Nach dem Erstellen müssen Timer Units noch aktiviert und gestartet werden[1]:
sudo systemctl enable name_des_timers.timer sudo systemctl start name_des_timers.timer
at Ersatz¶
Neben den Aufgaben, die traditionell Cron erledigt, kann systemd auch die typische Aufgabe von at übernehmen, einen Job nur ein einziges mal zu einem bestimmten Zeitpunkt zu starten. Es muss kein Script angelegt werden, sondern es genügt das Abschicken eines Befehls im Terminal. Beispiel:
# als root sudo systemd-run --on-calendar="2022-01-30 20:01:35" touch /tmp/testfile # als normaler User systemd-run --user --on-calendar="2022-01-30 20:01:35" touch ~/testfile
Diese Timer werden in den Verzeichnissen /run/systemd/transient (systemweit) und für Benutzer in /run/user/<uid>/systemd/transient angelegt. Dabei wird standardmäßig ein zufälliger Name generiert. Man kann den Namen des Timers aber auch explizit mit der Option --unit=
festlegen.
Genauigkeit¶
Per Voreinstellung haben die Timer eine Genauigkeit von einer Minute, d.h aller spätestens eine Minute nach der in der .timer Datei angegebenen Zeit wird die vom Timer aufgerufene Service Unit aufgerufen.
Wer für einzelne Timer Units einen genaueren Ausführungszeitraum braucht, der kann in der Sektion "[Timer]" zusätzlich den Schlüssel AccuracySec
angeben, gefolgt von einer Zeitangabe. So würde z.B. AccuracySec=5s
die Genauigkeit auf 5 Sekunden setzen.
Wer eine höhere Genauigkeit für alle Timer systemweit benötigt, der hinterlegt den gewünschten Wert in der Konfigurationsdatei /etc/systemd/system.conf.
Aufgrund dieser Tatsache kann nicht eindeutig die verbleibende Zeit bis zum Trigger ermittelt werden. Dieser Umstand wird im unix.stackexchange ausführlich beschrieben.
Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit mit RandomizedDelaySec
eine absichtliche gleichverteilt zufällige Verzögerung zu erzeugen.
Timer anzeigen¶
Man kann sich alle aktiven Timer mit Hilfe von systemctl wie folgt anzeigen lassen:
# Systemweite Timer: systemctl list-timers # Von Benutzern angelegte Timer: systemctl --user list-timers
Möchte man zusätzlich die inaktiven Timer sehen, muss man dem Befehl noch die Option --all
hinzufügen.
Timer stoppen und deaktivieren¶
Wie alle anderen Systemd-Units lassen sich Timer mittels,
sudo systemctl stop name_des_timers.timer
stoppen.
Sofern Timer wiederkehrend mit dem System-Start aktiviert wurden, deaktiviert man sie unter Verwendung von
sudo systemctl disable name_des_timers.timer
Bei mittels systemd-run
angelegten Timern muss berücksichtigt werden, dass das System für diese zwei Dateien pro Timer generiert; eine mit der Endung .service und eine mit der Endung .timer. Dementsprechend stopt man diese mittels:
sudo systemctl stop name_des_timers.{service,timer}
Die systemd-run
-Timer werden damit auch gleichzeitig aus den betreffenden Verzeichnissen gelöscht, so dass sie gegebenenfalls durch erneutes Anlegen mittels systemd-run
neu eingerichtet werden müssen.
Links¶
Dokumentation 🇬🇧 von systemd Timer Units
systemd Timer 🇬🇧 im Wiki von Archlinux