Magic SysRQ
Dieser Artikel wurde für die folgenden Ubuntu-Versionen getestet:
Dieser Artikel ist größtenteils für alle Ubuntu-Versionen gültig.
Zum Verständnis dieses Artikels sind folgende Seiten hilfreich:
Obwohl Linux sehr stabil ist, können in Ausnahmefällen Kernel Panics auftreten. Manchmal stoppt auch nur der XServer, der für die grafische Oberfläche verantwortlich ist. Dann ist unter Umständen nicht mal der Wechsel in eine Konsole zur Reparatur möglich.
In einem solchem Moment kann natürlich der Reset-Taster gedrückt oder der Rechner "hart" ausgeschaltet werden – mit dem immer vorhandenen Risiko von Datenverlusten. Notwendig ist dies aber nicht, da es Möglichkeiten gibt, das System entweder sauber herunterzufahren oder weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Ursache des Problems zu finden. Dazu gibt es eine Funktion des Kernels, die sich "SysRequest key" nennt, auch als Magische S-Abf-Taste bekannt.
Die SysRq-Taste befindet sich auf der deutschen Tastatur als Zweitbelegung von Druck . Je nach Tastatur muss man zum Erreichen von "S-Abf" zuerst Alt gedrückt halten: praktisch also Alt + Druck (auf schweizerischen und englischsprachigen Tastaturen jedoch Alt Gr + die Taste "SysRq"). Bei Notebooks ist teilweise auch die Kombination mit Fn erforderlich.
Hinweis:
Dell Vostro Laptops: Erst ⇩ num drücken – dann leuchtet das blaue LED auf – und danach Fn + Alt + Druck +"Buchstabe" drücken.
einige Logitech-Tastaturen (z.B. K300): Erst Fn (Taste in rot) drücken, dann leuchten oben die LED's in kräftiger, oranger Farbe auf und danach Alt + Druck (die Druck-Taste ist die Pos1 -Taste) +"Buchstabe" drücken.
Workarounds, wie ⇩ num zuerst zu aktivieren oder Alt Gr anstelle von Alt zu verwenden, sind offenbar bei vielen Laptops nötig.
Ebenso kann es bei Notebooks vorkommen, dass die Tastenkombination auf der integrierten, nicht jedoch auf einer extern angeschlossenen Tastatur funktioniert.
Manchmal funktionieren nur Teile der Magic SysRQ-Kette nicht, z. B. der letzte (B) für den Reboot. In diesem Fall kann der Rechner durch kurzes Drücken des An-/Ausschalters neu gestartet werden.
Der gewünschte Befehl wird erteilt, indem auf der Tastatur dann noch zusätzlich der entsprechenden Buchstaben gedrückt wird. Die für den entsprechenden Befehl notwendige Taste kann der folgenden Tabelle entnommen werden.
Anwenden¶
Die meisten Tastenkombinationen werden oft in einer bestimmten Reihenfolge ausgeführt, um eine bestimmte Aktion auszuführen. Für solche Sequenzen haben sich mittlerweile verschiedene Merksätze gebildet. Die häufigste Sequenz wird vermutlich ein Notfall-Neustart sein; hierfür wird die ganze Zeit Alt + Druck gedrückt gehalten und nacheinander die Tasten R + E + I + S + U + B betätigt. Die dazu benötigte Reihenfolge lässt sich mit folgendem Satz merken:
"Reboot Even If System Utterly Broken" oder
"Richtig Einparken Ist So Unglaublich Banal"
rückwärts: "busier" 🇬🇧, (vom engl. "busy", d.h. beschäftigt oder ausgelastet)
Jeweils der erste Buchstabe eines Wortes steht für die folgende SysRQ-Funktion:
Hinweis:
Seit Ubuntu 12.10 sind die ersten drei SysRQ-Funktionen standardmäßig deaktiviert. Damit steht praktisch nur "SUB" zur Verfügung (194676, 1025467). Möchte man diese aus Sicherheitsgründen getroffene Einschränkung aufheben, setzt man statt 176
den Wert 1
(siehe unten).
Sicheres Reboot | |||
Taste | Funktion | Bedeutung | |
R | unraw | Nimmt der grafischen Oberfläche den Zugriff auf die Tastatur | |
E | term | Sendet ein SIGTERM an alle Prozesse außer Init | |
I | kill | Sendet ein SIGKILL an alle Prozesse außer Init | |
S | sync | Schreibt alle noch nicht auf die Festplatte geschriebenen Daten aus dem Kernel-Festplatten-Cache auf die Festplatten | |
U | umount | Alle eingehängten Partitionen werden ausgehängt, und danach nur-lesbar eingehängt | |
B | reboot | Fährt den Rechner sofort herunter, ohne Daten aus dem Kernel-Festplatten-Cache auf die Festplatten zu schreiben und ohne Partitionen auszuhängen, und startet den Rechner neu. |
Außerdem gibt es noch einige weitere Funktionen:
Sonstige Funktionen | |||
Taste | Funktion | Bedeutung | |
C | Crashdump | Startet über kexec(sofern vorhanden) neu und gibt einen Dump auf dem Bildschirm aus. Ohne kexec wird ein Absturz durch eine Null-Pointer-Dereferenzierung veranlasst. | |
D | Zeigt im Textmodus alle gesetzten Locks an | ||
K | secure attention key | Beendet alle Prozesse auf dem aktuellen Terminal, um sicher zu sein, dass der Login-Prompt von Init stammt und nicht von einem Trojaner. Eine aufgehängte Anwendung, welche die SVGAlib benutzt oder ein nicht mehr reagierender X-Server lassen sich auch auf diese Weise beenden. | |
L | Kill including init | Sende SIGKILL an alle Prozesse, auch an Init. Das kommt einem Ausschalten gleich. | |
M | Memory | Gibt im Textmodus die Hauptspeicherbelegung in der Konsole aus. | |
O | Power off | Fährt den Rechner mit APM/ACPI herunter und schalte ihn aus (wenn vom Rechner unterstützt). | |
P | Zeigt im Textmodus den Inhalt der CPU-Register inklusive der FLAGS an | ||
Q | Zeigt im Textmodus alle derzeitig laufenden Timer an | ||
T | Zeigt im Textmodus eine Liste aktuell laufender Prozesse an. | ||
W | Zeigt im Textmodus die Prozesse in geblocktem Status an. | ||
F | force a OOM kill | Killt den "teuersten" Prozess für den Speicher. |
Aktivieren und Deaktivieren von Magic SysRQ¶
Ob der Magic SysRQ aktiviert ist oder nicht, kann über diesen Befehl [1] herausgefunden werden:
cat /proc/sys/kernel/sysrq
überprüft werden. Ist die Ausgabe ungleich 0
, ist SysRQ aktiv, bei 0
nicht. Zur Deutung des zurückgelieferten Werts siehe sysrq.txt 🇬🇧.
Auf diesem Weg lässt sich die Funktion auch direkt aktivieren. Beispiel:
echo 1 | sudo tee /proc/sys/kernel/sysrq
beziehungsweise deaktivieren:
echo 0 | sudo tee /proc/sys/kernel/sysrq
Permanentes Aktivieren und Deaktivieren von Magic SysRQ¶
Zum permanenten Aktivieren wird in die Datei /etc/sysctl.d/10-magic-sysrq.conf Folgendes eingetragen:
# Werte fuer X sind der Dokumentation zu entnehmen: http://www.mjmwired.net/kernel/Documentation/sysrq.txt kernel.sysrq = X
Zur permanenten Deaktivierung:
kernel.sysrq = 0
Bedienung aus der Kommandozeile¶
Wenn die Druck -Taste nicht zur Verfügung steht, das Terminal aber schon, können die SysRQ-Kommandos auch über eine Kommandozeile ausgeführt werden. Mit Hilfe der Standard-Datenströme wird der Code der gewünschten Taste in den SysRQ-Trigger des procfs geschrieben. Ein Beispiel:
echo b | sudo tee /proc/sysrq-trigger
Dieser Befehl ist äquivalent zur Kombination Alt + Druck + B und startet den Rechner sofort neu.
Problembehebung¶
Magic SysRQ testen¶
Wer die SysRQ-Funktionen gezielt testen möchte, startet am besten eine Forkbomb auf dem Rechner, um diesen bewusst zu überlasten. Abschließend noch ein Auszug des Systemprotokolls eines Rechners mit Ubuntu 14.04, aus dem deutlich zu erkennen ist, dass der ersten drei Tasten ("REI") ignoriert werden:
Sep 9 16:42:48 ubuntu kernel: [ 568.061699] SysRq : This sysrq operation is disabled. Sep 9 16:42:54 ubuntu kernel: [ 573.215822] SysRq : This sysrq operation is disabled. Sep 9 16:42:57 ubuntu kernel: [ 576.346673] SysRq : This sysrq operation is disabled. Sep 9 16:43:00 ubuntu kernel: [ 579.131420] SysRq : Emergency Sync Sep 9 16:43:00 ubuntu kernel: [ 579.277440] Emergency Sync complete Sep 9 16:43:02 ubuntu kernel: [ 581.271897] SysRq : Emergency Remount R/O
Links¶
Problembehandlung beim Neustart im Linux-Kompendium
Notfall Übersichtsartikel
Magische_S-Abf-Taste(Abgerufen am 23.6.19)
4408/what-should-i-do-when-ubuntu-freezes (Abgerufen am 17.16.19)